ÖVI gegen FMA-Wohnkredit-Restriktion | Immomedien
Autor: Gerhard Rodler am 16.12.2021
Immoflash
Nach langen Beratungen, einem parlamentarischen Begutachtungsprozess und vielen politischen Unabwägbarkeiten ist es nun doch so weit: Die Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz wird heute im Parlament beschlossen. Bis zuletzt wurde an Details gefeilt, so auch noch mit einem Abänderungsantrag am vergangenen Dienstag im Bautenausschuss.
Anlass der Novelle war das sogenannte Right to Plug. Doch es geht nicht nur um Ladestationen für Elektroautos. Ein ganzes Bündel an Maßnahmen soll dazu beitragen, die Energiewende in den Bestandsimmobilien zu unterstützen. Darüber hinaus kommt es generell im Wohnungseigentum zu wesentlichen Änderungen, von denen mehr als 650.000 WE-Objekte österreichweit betroffen sind.
Gleich zwei wichtige Mechanismen der Willensbildung im Wohnungseigentum werden von der Novelle nämlich grundlegend modifiziert: Das Einstimmigkeitsprinzip bei der Genehmigung von Änderungen, die ein einzelner Wohnungseigentümer durchführen möchte. Dies soll bei bestimmten Maßnahmen durch eine Zustimmungsfiktion ersetzt werden. Die Willensbildung in der Eigentümerversammlung (oder im Umlaufbeschluss) wird vereinfacht: Die Berechnung der Mehrheit nach Anteilen soll durch ein Alternativmodell ergänzt werden, das auch einer qualifizierten Minderheit von Wohnungseigentümern beispielweise die Umsetzung von Renovierungsmaßnahmen ermöglichen soll. Ergänzend dazu sind neue Regeln für die Weitergabe der Kontaktadressen der Wohnungseigentümer geplant, ebenso die Möglichkeit, an Eigentümerversammlungen online teilzunehmen.
Die Neuregelungen hinsichtlich des Änderungsrechts des Wohnungseigentümers (Zustimmungsfiktion und Erweiterung des Kataloges der privilegierten Änderungen), der Kreditfinanzierung von größeren Verbesserungs- und Erhaltungsarbeiten, der Bekanntgabe von Zustellanschriften durch den Verwalter sowie der Möglichkeit zur Teilnahme an Eigentümerversammlungen in Wege elektronischer Kommunikation werden mit 1. Jänner 2022, die Neuerungen betreffend Willensbildung der Eigentümergemeinschaft sowie der Mindestrücklage erst mit 1. Juli 2022 in Kraft treten, so ÖVI Vorstand und Verwaltersprecher Udo Weinberger. Für bestimmte Maßnahmen, die an sich nur einstimmig oder auf dem Ersatzweg durch Beschluss des Außerstreitrichters gegenüber den anderen Wohnungseigentümern „durchgesetzt“ werden können, werden bereits ab 1.1.2022 neue Regelungen gelten. Die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer soll als erteilt gelten, wenn diese von der geplanten Änderung durch Übersendung verständigt werden und der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Verständigung widersprechen.
Relative Mehrheit von 2/3 bei Beschlüssen der WE-Gemeinschaft: jede abgegebene Stimme zählt, 1/3 der Anteile reicht Ein viel tiefgreifender Punkt der vorliegenden Novelle ist aber die Erleichterung der Mehrheitsermittlung in der Eigentümerversammlung. Bisher war für einen Beschluss der WE- Gemeinschaft eine (einfache) Mehrheit von mehr als 50 Prozent aller Miteigentumsanteile erforderlich.
Neben die bisherige Möglichkeit der Beschlussfassung durch die (Anteils-)Mehrheit tritt nun eine zweite Variante: Für einen wirksamen Beschluss ist auch eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen ausreichend, sofern diese Mehrheit zumindest einem Drittel aller Miteigentumsanteile entspricht. Wohnungseigentümer, die sich nicht an der Abstimmung beteiligen, haben in Zukunft weniger bremsende Wirkung als bisher. Eine qualifizierte Minderheit von WE (1/3 aller Anteile) kann Beschlüsse erwirken. Dies gilt ab 1.7.2022.
Die Mindestrücklage ist von der Idee her sicher gut gemeint, doch die Umsetzung sei nicht überzeugend geraten, so der ÖVI.
Die wiederholten Mahnungen der österreichischen Notenbank, den Immobilienmarkt auf Überhitzungen deutlich zu beobachten, wurde durch jüngste Meldungen noch verschärft: Die Banken sollen angehalten werden, Privatimmobilienkredite nur noch unter erhöhten Auflagen (Eigenkapitalquote, maximaler Anteil am monatlichen Haushaltsbudget) zu vergeben. Dass in der jüngeren Vergangenheit solche Kredite leichtfertig vergeben worden wären, ist den Immobilienexperten nicht bekannt, so ÖVI Geschäftsführer Anton Holzapfel abschließend. Damit erschwert man Eigentumsbildung, die nachhaltig zur Wohnversorgung beitragen könnte und sollte.