WIRTSCHAFT Online seit 19.02.2023
Hauskauf: Stagnierende Preise in Sicht
Nach einer Zeit laufend steigender Preise beim Haus- und Wohnungskauf dürfte der Plafond erreicht sein. Allerdings: Weil zuletzt mehr Immobilien gemietet als gekauft wurden, dürften die Preise am Mietsektor noch steigen.
Der Immobilienboom ist zu Ende. So beurteilte das jedenfalls der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) bereits zu Jahresbeginn. „Nach einem Jahrzehnt ständig steigender Preise scheint ein Plafond erreicht zu sein“, lautete damals die Einschätzung von Vorstandsmitglied Andreas Wollein. Ihm zufolge würden sich die Preise nun beruhigen. Auf sinkende Preise dürfe man aber nicht hoffen, denn gemeint sind mit Wolleins Einschätzung nur geringere Steigerungsraten. „Es wird nicht billiger werden“, sagte er. Für dieses Jahr erwartete er einen moderaten Preisanstieg von etwa fünf Prozent oder eine Stagnation.
Niederösterreich liegt unter Bundesschnitt
Für Niederösterreich lieferte Raiffeisen Immobilien die jüngste Einschätzung. Im vergangenen Jahr stiegen die Preise für Häuser und Wohnungen weniger als im Bundesschnitt. Österreichweit betrug die Steigerung zehn Prozent, in Niederösterreich sechs Prozent. Zudem beobachtete man laut Raiffeisen Immobilien bereits einen deutlichen Rückgang bei der Nachfrage. Verglichen mit den Jahren zuvor brachen die Verkäufe regelrecht ein: 2022 verkaufte Raiffeisen Immobilien 4.112 Eigentumswohnungen, um ein Drittel weniger als 2021. Bei Grundstücken lag der Verkaufsrückgang ebenfalls bei einem Drittel, bei Häusern bei einem Viertel.Markant war der Verkaufsrückgang vor allem in der zweiten Jahreshälfte. Diese Entwicklung führt Raiffeisen Immobilien auf „die Verunsicherung der Käufer infolge der Inflation sowie die erschwerte Finanzierung durch die KIM Verordnung zurück“. Gemeint damit ist die Verschärfung der Kreditvergaberichtlinien, die mit August letzten Jahres in Kraft trat. Diese Verordnung der Finanzmarktaufsicht (FMA) schreibt für die Vergabe von Immobilienkrediten seither höhere Eigenmittel vor und begrenzt die Kreditbelastung auf 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens.
Kritik an strengen Kreditvergaberichtlinien
Nach deutlicher Kritik mehrerer Seiten an den verschärften Regelungen ließ die FMA im Dezember wissen, dass sie eine Lockerung prüfen wolle – mehr dazu in „FMA prüft Lockerung der Regeln für Immobilienkredite“ (news.ORF.at; 6.12.2022). Hinsichtlich der Eigenmittelquote für Wohnkredite wollten in Niederösterreich Land und Bankenvertreter im Jänner eine Herabsetzung von 20 auf 15 Prozent anstoßen. Das Land würde dafür haften, so die Zusicherung. Hier zeigte sich die FMA zögerlich bis ablehnend – mehr dazu in „FMA gegen weniger Eigenmittel“ (noe.ORF.at; 20.1.2023).
Die Wohnungsverkäufe waren zuletzt um ein Drittel rückläufig.Mieten gewinnt hingegen wieder an Bedeutung
Große Preisunterschiede zwischen den Bezirken
Wer sich überlegt, angesichts der vermutlich nicht mehr stark steigenden Preise heuer noch ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen, wird sehr unterschiedliche Preisniveaus vorfinden. Die sechsprozentige Preissteigerung im Vorjahr ist ein Durchschnittswert, der regional stark abweichen kann. So zogen die Preise für Eigentumswohnungen in der Stadt Wiener Neustadt beispielsweise um 33 Prozent an (von 2.600 auf 3.500 Euro pro Quadratmeter). Preis-Spitzenreiter bei Eigentumswohnungen waren die Bezirke Korneuburg und Tulln mit Quadratmeterpreisen von rund 4.600 Euro, gefolgt von Mödling mit 4.300 Euro. Am günstigsten waren Eigentumswohnungen 2022 mit ca. 1.000 Euro pro Quadratmeter im Bezirk Horn. Generell finden sich im Waldviertel Niederösterreichs günstigste Regionen.„Generell profitiert Niederösterreich nach wie vor vom Zuzug aus Wien. Regionen mit noch relativ günstigen Preisen wie das Waldviertel oder Weinviertel sind unverändert gut nachgefragt“, so die Bilanz von Peter Weinberger, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien NÖ/Wien/Burgenland. Auch er teilt die Einschätzung, dass die Preise zwar langsam stagnieren würden, eine längere Phase der Preisrückgänge sieht er aber derzeit nicht in Sicht – und schon gar keinen Sturzflug. Für Niederösterreich erwartet er eine Stagnation der Preisentwicklung, „wiewohl moderate Rückgänge in einzelnen Regionen nicht auszuschließen sind“.